Willkommen in HUNTSVILLE!?

Texas und die Todesstrafe

Die Stadt Huntsville im US-Bundesstaat Texas liegt etwa 120 km nördlich von Houston an der Interstate 45-Autobahn, die nach weiteren knapp 300 km nach Dallas führt. Die 1836 gegründete Stadt hat heute zwischen 36.000 und 40.000 Einwohner, eine Universität, über 70 Kirchen - und 7 Gefängnisse. Berühmtester Sohn der Stadt war im 19. Jahrhundert der Gründervater des Staates Texas, Sam Houston, nach dem nicht nur Huntsvilles Universität benannt ist, sondern dessen Andenken auch eine kirchturmhohe 60 Tonnen schwere Gips-Statue am Highway ehrt, die schon aus 10 km Entfernung deutlich zu sehen ist.

Bereits seit  über 170 Jahren ist Huntsville Gefängnis-Stadt in Texas. Der damals noch junge Bundesstaat machte die Stadt zum Zentrum des texanischen Strafvollzugs quasi als Entschädigung, weil man bei der Wahl der Hauptstadt Austin den Vorzug gab. Heute ist etwa jeder 3. oder 4. Einwohner Huntsvilles ein Gefängnisinsasse - die Angaben variieren von 9.000 bis 15.000 Gefangenen, die in den Gefängnissen der Stadt inhaftiert sind. Dementsprechend ist das Gefängniswesen in Huntsville der mit Abstand größte Arbeitgeber.

In Huntsville bzw. dessen Umgebung befindet sich auch der Todestrakt von Texas. Rund 200 zum Tode Verurteilte warten - manchmal mehr als 20 Jahre - hier auf ihre Hinrichtung. Im Schnitt befinden sich die Verurteilten gut 11 Jahre im Todestrakt. Im kürzesten Fall lagen zwischen der Ankunft im Todestrakt und der Hinrichtung 252 Tage, im längsten Fall 31 Jahre. Mit seinem Hinrichtungseifer liegt Texas unangefochten an der Spitze der noch 27 von 50 US-Bundesstaaten, die die Todesstrafe in ihren Gesetzen festgeschrieben haben. Texas hat nach Wiedereinführung der Todesstrafe von 1982 bis  Juli 2021 über 570 Menschen hingerichtet, davon 37 im Jahr 1997, 35 in 1999 und 40 im Rekordjahr 2000.

Ein paar Fakten zur Geschichte der Todesstrafe in Huntsville/Texas: Von 1819 bis 1923 wurde in Texas durch Erhängen exekutiert, dann löste der elektrische Stuhl diese Praxis ab. Der von Gefangenen selbst gebaute elektrische Stuhl,  "Old Sparky" genannt, auf dem von 1924 bis 1964 immerhin 361 Menschen ihr Leben ließen, kann heute im Gefängnismuseum von Huntsville besichtigt werden. Als 1972 der Oberste Gerichtshof die Todesstrafe aufgrund ihrer Grausamkeit für verfassungswidrig erklärt, befinden sich 52 zum Tode Verurteilte in den Gefängnissen in Texas, deren Urteil daraufhin in eine lebenslängliche Freiheitsstrafe umgewandelt wird. Nach Wiedereinführung der Todesstrafe in den USA im Jahre 1976 entscheidet Texas sich im folgenden Jahr für die "Lethale Injektion" (Giftspritze) als Hinrichtungsmethode, die 1982 erstmals zur Anwendung kommt.

 

Dazu wird der Hinzurichtende auf einer Liege festgeschnallt; Injektionsnadeln führen in beide Arme. Eine neutrale Kochsalzlösung sorgt zunächst dafür, dass das Gift anschließend ungehindert seinen Weg finden kann.  Nachdem der Delinquent seine letzten Worte gesprochen hat, flossen nach der klassischen Methode nacheinander drei unterschiedliche Stoffe in seinen Körper: 1. eine so hohe Dosis des Betäubungsmittels Pentobarbital (zuvor Natrium-Thiopental), dass der Hinzurichtende davon ins Koma fällt; 2. Pancuroniumbromid, das die Muskeln lähmt und damit vor allem die Tätigkeit der Lunge stoppt; 3. Kaliumchlorid, das das Herz zum Stillstand bringt. Seit den Problemen der US-Bundesstaaten im letzten Jahrzehnt, die entsprechenden Mittel zum Zweck der Hinrichtungen zu besorgen, richtet Texas nur noch mit einer einzigen Chemikalie hin, nämlich Pentobarbital.

Zeugen der Hinrichtung sind neben offiziellen Pressevertretern bis zu fünf Angehörige des Hinzurichtenden, die sich hinter einer Plexiglasscheibe, jedoch zum Greifen nah, befinden. Seit 1996 dürfen auch Angehörige der Opfer der Hinrichtung als Zeugen beiwohnen. Dazu wurde der Zeugenraum mittels einer eingezogenen Wand in zwei Teile unterteilt. Um jegliche Schwierigkeiten zu vermeiden, werden die Angehörigen beider "Parteien" streng voneinander getrennt.

 

Die Hinrichtungen finden im ältesten Gefängnis Huntsvilles, der "Walls Unit" (offiziell: "Huntsville Unit"), die sich mitten in der Innenstadt befindet, statt. Bis 1965 waren die Todeskandidaten auch hier untergebracht. Aufgrund ihrer steigenden Zahl wurde der Todesstrakt Mitte der 60er Jahre ein Teil des Gefängnisses "Ellis Unit One", das etwa 20 Kilometer außerhalb der Stadt liegt.

Nach einem misslungenen Ausbruchsversuch mehrerer Häftlinge im Herbst 1998 hat man die zu der Zeit rund 400 Todestraktinsassen in die "Terrell Unit" nach Livingston verlegt, die kurze Zeit später in "Polunsky Unit" umbenannt wurde. In Livingston werden die Todeskandidaten in völliger Isolation gehalten. Mehr über die Haftbedingungen in der Polunsky Unit ist hier zu lesen: http://www.deathrow.at/welcometohell/.

 

Die Einwohner Huntsvilles schätzen an ihrer Stadt die freundliche Atmosphäre - und tatsächlich ist man dort gastfreundlich und hilfsbereit. Die vielen Hinrichtungen werden häufig genug kaum wahrgenommen, da sie in Huntsville zu etwas Alltäglichem geworden sind. So alltäglich wie der "Killer-Burger", den der Schnellimbiss "Mr. Hamburger" schräg gegenüber der Walls Unit anbietet. Einen names "Old Sparky" findet man auch auf der Karte...

Weitere Informationen zur Stadt Huntsville unter https://www.chamber.huntsville.tx.us oder http://www.huntsvilletexas.com oder https://huntsvilletx.com/ - und die neuesten Nachrichten jederzeit in "The Huntsville Item", der örtlichen Tageszeitung, im Internet vertreten unter https://www.itemonline.com. Unter "Local News" ist hier fast nach jeder Hinrichtung ein Bericht zu finden.

 

Der Gefängnisfriedhof von Huntsville:

Die weißen Kreuze enthalten nur Datum und Gefangenen-Nummer - sowie ein X bei Tod durch Exekution. Erst im neuen Jahrtausend wurde diese Praxis geändert zugunsten richtiger Grabsteine mit Namensnennung.

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